Elektroautos würden Stromverbrauch um ein Siebentel erhöhen

Elektroautos würden Stromverbrauch um ein Siebentel erhöhen

Die Branche ist aber überzeugt, die nötige Energie bereitstellen zu können, 9 Milliarden werden in Anlagen investiert.

Die Elektroautos werden den Stromverbrauch in Österreich in den nächsten Jahrzehnten – binnen 20, 30 oder 35 Jahren – um ein Siebentel erhöhen. Die dafür nötige Erzeugung werde man aber bereitstellen können, zeigte sich der Präsident des E-Wirtschafts-Verbandes, Leonhard Schitter, am Mittwoch überzeugt. Bis 2030 will die Branche 15 Mrd. Euro in den Erzeugungsausbau stecken, davon 9 Mrd. in Anlagen.

Gegenüber dem Jahr 2014 mit 74,4 Terawattstunden (TWh) dürfte der Stromverbrauch in Österreich bis 2030 um 14 TWh zulegen, also auf mehr als 88 TWh, erinnerte Schitter an schon länger vorliegende Prognosedaten. Rechne man noch den aktuellen Negativsaldo der Strombilanz hinzu, weil unser Land vermehrt Strom importieren muss – zuletzt über 14 Prozent des Verbrauchs -, so sei ein Anstieg der Inlandserzeugung um mindestens 20 TWh bis 2030 nötig. Dies könne mit einem Ausbau von Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie um jeweils 6 bis 8 TWh bewerkstelligt werden.

Mehr erneuerbare Energie

Den Anteil erneuerbarer Energie am Strom wolle man von derzeit 76 Prozent bis 2030 auf 85 Prozent ausweiten, sagte Schitter. Bei Wind gehe es um eine Anhebung der installierten Leistung um 170 Prozent, bei Photovoltaik um bis zu 100.000 PV-Anlagen, was der Dachfläche von Wien und Graz entspreche. Für die große Ökostromnovelle wolle man aber „so viel Wettbewerb wie möglich und so wenig finanzielle Incentives wie nötig“, man sollte hier mit einer Marktprämie agieren, betonte Schitter. „Wir werden für eine maßvolle Förderung eintreten“, sagte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt.

Erforderlich sei die zusätzliche Elektrizität, weil die Energiewende eine Stromwende sei und die Energiezukunft elektrisch – und das eine schrittweise Abkehr von fossilen Energieträgern im Straßenverkehr und der Raumheizung bedeute. Im Sinne des Klimaschutzes sollte mehr sauberer, CO2-neutraler Strom ins Energiesystem gebracht werden, von der Mobilität bis zu Wärme und Kälte. Der Verkehrssektor sei mit rund 28 Prozent einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen in Österreich.

Bei der „Mobilitäts- und Wärme-Wende“ sollten die 600.000 Ölheizungen in den Haushalten auf strombasierte Systeme umgestellt werden. Durch das Forcieren von Wärmepumpen und den Ausbau der E-Mobilität werde der Stromanteil am Gesamtenergieverbrauch in Österreich von derzeit 20 Prozent auf 33 Prozent steigen, erwartet Schitter. Erforderlich sei in der E-Mobilität ein flächendeckender Ausbau der Lade-Infrastruktur – wo es hake, etwa in Wien, wolle man mit der Politik reden.

Erdgas betrachtet die Strombranche noch als „Brückentechnologie“ – was eigene kalorische Kraftwerke betrifft, die immer wieder zur Netzstabilisierung nötig sind. Allerdings will man auf den Kosten dafür, die sich aus hohen Gas- und niedrigen Stromgroßhandelspreisen ergeben, nicht allein sitzen bleiben. Flexible, systemrelevante Kraftwerke, die im Falle schwankender Erzeugungsleistung die Systemsicherheit garantieren, sollten diese Aufgabe auch abgegolten bekommen, betonte wie Schitter auch Schmidt. Dazu laufen wie berichtet Gespräche unter anderem mit dem Regulator. Die Möglichkeit zur Abschaltung von Kraftwerken, wie dies in Deutschland durch die Bundesnetzagentur möglich ist, fordere man nicht.

50 Millarden Euro Investitionen

Insgesamt will Österreichs Strombranche bis 2030 rund 50 Mrd. Euro investieren, darunter 35 Mrd. Euro in Netzausbau samt Smart Meter und 15 Mrd. Euro in den Ausbau der erneuerbaren Erzeugung durch Wasserkraft, Wind und Photovoltaik, davon 9 Mrd. in Anlagen und 6 Mrd. Euro in Stromspeicher, erinnerte Schitter an die „Empowering Austria“-Pläne der Branche. Das sei das größte Infrastrukturprojekt der Zweiten Republik.

Energie müsse ganz oben auf der politischen Agenda stehen, hieß es an die künftige neue Regierung. Der Netzausbau sei für die Aufrechterhaltung der hohen Versorgungssicherheit nötig, denn die Systemstabilisierung koste immer mehr: Seien es im bisherigen Rekordjahr 2015 in Summe 202 Mio. Euro gewesen – und im gesamten vorigen Jahr 157,6 Mio. Euro – habe das Engpassmanagement heuer bis Juni bereits 178 Mio. Euro gekostet, womit 2017 ein neuer Rekord wahrscheinlich sei.

Damit dass Ausbauprogramm bei Erzeugung und Netzen auch gestemmt werden kann, wünscht sich der Interessenverband der E-Wirtschaft den nötigen „Freiraum für Investitionen“, wie Schmidt sagte, also kürzere Genehmigungsverfahren und weniger Regulierung auch auf europäischer Ebene. Den letztgenannten Punkt sollte sich unser Land fürs zweite Halbjahr 2018 auf die Fahnen schreiben, wenn Österreich die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Weniger Umweltschutz oder eine Beschneidung der Bürgerrechte wolle man mit der Entbürokratisierung aber nicht, so Schmidt.

Zudem sollten die Mittel für Energieforschung in Österreich – zuletzt nur 120 Mio. Euro oder 0,04 Prozent des BIP im Jahr – für die nächsten fünf Jahre auf etwa 240 bis 250 Mio. Euro jährlich verdoppelt werden, so Schitter. Nur so könne die Branche weitere Projekte, etwa zur Integration erneuerbarer Energien, entwickeln.

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